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Bildakt, Kunst- oder Bildtheorie

01.05.11

Bilder sind nicht Dulder, sondern Erzeuger von wahrnehmungsbezogenen Erfahrungen und Handlungen,

schreibt Horst Bredekamp in seinem eben erschienen Werk Theorie des Bildakts (326). Dass Dinge, Objekte oder Medien aktiviert werden, sich gegen die Alleinstellung der menschlichen Subjekte auflehnen, und in ihrer eigenen Bewegung und Energie bedacht werden, vereint eine ganze Reihe gegenwärtiger Theoriebildungen – Meillassoux, Latour, Kittler … Wohin die Befreiung von der Herrschaft des Subjekts führt, ist längst nicht ausgemacht. Ohne Subjekt, das sich anmasst zu handeln und zu entscheiden, stehen wir unter der wechselweisen Autorität von Dinge, Objekten, Medien oder Bildern. Theorie wird zur Herrschaftstechnik. Wollen wir das Subjekt nicht wieder einführen, so fordert die Frage “Was tun?” dringend eine andere Antwort.
Bredekamps Thesen betrifft das vielleicht nicht so sehr. Denn die Bildwelten unserer Gegenwart werden darin nur gestreift. Von 203 Abbildungen stammen 10 aus Filmen, die Bildwelten im Web bleiben so gut wie ausgespart. Als Kunsthistoriker entwickelt Bredekmap seine Theorie so gut wie ausschließlich an Beispielen der Kunst. Aber Aussagen über Kunst können kaum mehr Geltung für den gesamten Bereich der Bilder beanspruchen, seit technische Medien die visuelle Produktion vom privilegierten Feld der Kunst und ihrer Institutionen gelöst haben, also immerhin seit dem Beginn der Moderne.
Wie weit trägt also Bredekamps Versuch, im Rückgriff auf eine philsophische Grundlage – SpeechActs von Austin – eine Theorie der Kunst-Bilder auf die Bilder im allgemeinen auszudehnen? Die Grundbegriffe sind weit genug angelegt, um auf beliebige Bilderräume übertragen zu werden. Aber was hilft es zu wissen, ob ein Bildakt schematisch, substitutiv, intrinsisch ist? Was tun wir damit, um auf die Frage zurück zu kommen.
Mir fehlt – genau so wie die Reflexion darüber, wozu wir diese Theorien überhaupt anfertigen – eine Antwort auf die Frage, aus welchem Grund und für welchen Zweck diese Bilder in ihrer Zeit produziert wurden. Über die unbestrittene Macht und Eigenenergie der Bilder ist wenig gesagt, wenn nicht die politischen und ökonomischen Zusammenhänge berücksichtigt sind, unter denen sie hergestellt werden und zirkulieren. Spätestens hier taucht eine ganze Reihe von Fragen auf. Unter welchen Herrschaftsbedingungen wir überhaupt eine stabile Ikonografie haben? Wann und warum hat sie sich aufgelöst? (Warum ist Warburg nie mit dem Sortieren fertig geworden, Google aber schon?) Wie funktionieren Konsumbilder in unserer allumfassenden Ökonomie? Warum wird welches Bild hergestellt? Keine Frage, dass hier alle drei Bildenergien von Bredekamp wirksam sind, Leben, Austausch und Form. So berrichtigt sie scheinen, es handelt sich eben nicht um Kategorien, die auf die drängenden Fragen Antworten geben, sondern um Begriffe, die eine Theorie der Kunst auf eine der Bilder ausdehnen.